Eigentümerversammlung virtuell

geschrieben am 23.08.2023 von Nils Hacke

Ziel: „Handlungsfähig bleiben!“


Dass einzelne Eigentümer an einer Präsenz-Eigentümerversammlung online teilnehmen, ist bereits seit der WEG-Reform vom 1. Dezember 2020 möglich (vgl. § 23 Abs. 1 S. 2 WEG). Rein digitale Versammlungen hingegen waren bislang nicht erlaubt. Das soll nun anders werden. Künftig können Eigentümer (EGT) entscheiden, ob sie sich in Präsenz, teilweise online („hybrid“) oder rein virtuell treffen wollen. Vorausgesetzt, die virtuelle Eigentümerversammlung „ist hinsichtlich der Teilnahme und Rechteausübung mit einer Präsenzversammlung vergleichbar“, heißt es im neuen § 23 (Abs. 2a WEG).

Befördert wurde die neue Regelung, die bereits für 2022 vorgesehen war, nun durch einen offenen Brief von neun großen Immobilien- und Verwaltungsunternehmen an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Die Argumente für die Versammlung im virtuellen Raum (mit rechtssicheren und datenschutzkonformen Online-Tools in Form einer Videokonferenz oder als Web-Meeting) sind vor allem praktischer Art:

„Mit der Einführung der reinen Online-Eigentümerversammlung können Willensbildung und Beschlussfassung zügig erfolgen. Die Kosten für Eigentümer werden geringer, lange Anfahrtswege entfallen und der CO2-Austoß wird minimiert“, heißt es in dem Schreiben der Unternehmen an den Minister. Tendenziell stehe ein gesteigerter Abstimmungsbedarf kürzeren Umsetzungsfristen gegenüber. Problematisch seien auch die kurzen Preisbindungsfristen der Angebote von Handwerksunternehmen.

Zeitgemäßer und flexibler werden


Virtuelle Versammlungen seien im Zeitalter der Digitalisierung nicht nur zeitgemäßer, sondern auch weitaus flexibler, so die Unterzeichner. „Die reine Online-Eigentümerversammlung ist nicht die Lösung aller Probleme, aber sie ist ein zeitgemäßer und mehr als vernünftiger Ansatz, um in vielfacher Hinsicht handlungsfähig zu bleiben.“ Zudem habe die Erfahrung gezeigt, dass sich dort, wo Online-Eigentümerversammlungen ungeachtet der derzeitigen Rechtslage bereits durchgeführt werden, mehr Eigentümer beteiligten. Ein großes Plus: „Mobilitätseingeschränkte Personen oder Menschen mit Handicap, die nie an einer Präsenzversammlung teilnehmen konnten, sind plötzlich aktiv und bringen sich ein.“

Die Unternehmen verweisen zudem auf die anstehenden Aufgaben bei der energetischen Sanierung des Gebäudebestandes: „Wie wollen wir hier die Klimawende schaffen oder vom Gesetzgeber mit kurzer Frist verbundene Auflagen zukünftig umsetzen?“

Insgesamt 17 Spitzenverbände der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sprechen sich für die Einführung der digitalen Eigentümerversammlung aus, darunter auch der größte deutsche Verbraucherschutzverband Haus & Grund und natürlich der Verband der Immobilienverwalter Deutschland VDIV, der sich nicht zuletzt mehr Nachwuchs durch die flexiblere Terminierung von EGT- Versammlungen erhofft. Doch es gibt auch Kritik: Der Verband Wohnen im Eigentum (WiE) betrachtet die von den Verwalterverbänden vorgebrachten Argumente als vorgeschoben. Sie dienten lediglich der Bequemlichkeit der eigenen Klientel, lautet der Vorwurf. Zudem seien online nicht versierte (ältere) Eigentümer von virtuellen Versammlungen ausgeschlossen.

Dem entgegen heißt es in dem Schreiben an Justizminister Marco Buschmann, viele Online-Tools seien einfach zu handhaben. „Hier kann die Verwaltung Hilfestellung leisten oder eine telefonische Einwahl ermöglichen. Zudem bleibt immer noch das Mittel der Vollmachtsübertragung, das auch bei einer Präsenzversammlung Anwendung findet.“

Quellen: bmj.de, haufe.de, lifepr.de, immobilienwirtschaft.vodafone.de, Magazin „Immobilienwirtschaft“, Ausgabe 09/2019. Die Unterzeichner des offenen Briefs sind Bietigheimer Wohnbau, ecowo, Frank Gruppe, Kunze Gruppe, Reanovo, Treubau Verwaltung, Schaefer & Wunsch Immobilienmanagement sowie Verwey.

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