Die Eltern sterben - erben oder verschenken?

geschrieben am 13.07.2016 von Nils Hacke

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass es sich beim folgenden Artikel um keine Rechtsberatung oder verbindliche Aussage handelt.

Die eigenen vier Wände sind für viele ein Lebenstraum. Und den möchten sie dann gerne auch weitergeben und in schützenden Händen wissen. Ob an die Kinder, den Partner oder die Enkel, die Wohnung oder das Haus sollen in vielen Fällen ganz sicher in der Familie bleiben. Dabei soll deren Freude und Existenzsicherheit nicht durch unnötig hohe Steueransprüche seitens des Staates beansprucht werden. Doch was ist nun finanziell lohnenswerter? Das Haus bereits zur Lebenszeit vererben oder gleich verschenken? Wann ist es hingegen doch angebracht, das Haus im Vorfeld zu verkaufen?
Wie immer gibt es keine einheitliche Patentlösung jedoch aber Fälle, die sich unserer Erfahrung nach in Kategorien einteilen lassen. Hier möchten wir Ihnen einige Szenarien zeigen, die häufig auftreten und unterschiedliche Lösungsstrategien erfordern:

Möglichkeit der Schenkung zwischen Ehepartnern

Vorab sei gesagt, dass sich jeweilige Freibeträge je nach Verwandtschaftsgrad und Steuerklasse unterscheiden. Freibeträge von Erb- und Schenkung werden fiskalisch in etwa gleich behandelt. Das gilt auch für folgende Beispiele. Sollten Sie Fragen haben, melden Sie sich gerne bei uns.

Zum einen gibt es die Möglichkeit, dass Ehegatten sich die Immobilie vor dem Tode gegenseitig schenken. Bei einem Familienheim ist nämlich eine Schenkung die günstigere Lösung - denn hier werden keine Steuern vom Finanzamt gefordert. Erbt ein Partner im Gegensatz ein Haus, muss er noch weiterhin für mindestens 10 Jahre dort wohnen ehe er erbschaftssteuerfrei verkaufen kann. Wird die Immobilie wie oben verschenkt, kann sie einfach ohne Umstände weiterverkauft werden (und zwar steuerfrei). Doch jetzt ein Beispiel zur Veranschaulichung: Die Immobilie hat einen Wert von rund 700.000 €. Er stirbt, hat aber zuvor das Haus an seine Frau verschenkt – es fallen keine Steuern an. Im Fall eines Erbes würden 11 Prozent Erbschaftssteuer anfallen – und das wird teuer: Abzüglich des Freibetrags von 500.000, muss der Rest versteuert werden (200.000 €). Hier bleibt bei 11 Prozent eine Schuld von 22.000 €.

In Etappen verschenken

Weiter bietet sich die Möglichkeit, teilweise zu verschenken. Besonders lohnt sich das bei teuren Objekten. So können Sie die Freibeträge „mehrfach“ ausnutzen. Doch Vorsicht. Auch hier gilt ein Abstand von mindestens 10 Jahren zwischen den einzelnen Schenkungen. Das Problem: Hier muss vorrauschschauend geplant werden. Und das ist - was die Lebenszeit betrifft - für die Besitzer schwer.
Geht ein Haus an die Kinder - anstatt an den Lebens- oder Ehepartner - gibt es außerdem Regelungen und Grenzen zur Quadratmeterzahl. So sind bis 200 m² steuerfrei sofern das Kind einzieht. Der Wert jedes weiteren muss versteuert werden.



fehlerbroschuere-banner


Verschenken und weiter selbst nutzen

Die Immobilie mit mittlerem Wert kann auch komplett verschenkt werden und bis zum Tode weiter bewohnt werden. Hier kommt das sog. „Nießbrauchsrecht“ ins Spiel. Es beinhaltet nicht nur das Wohnrecht, sondern auch das Recht, Wohnraum an eine dritte Partei zu vermieten. Der Pluspunkt dieser Lösung ist, dass der Schenker auf Lebzeiten abgesichert ist. Und das auch wenn der Beschenkte nicht weiter Miete zahlen kann oder andere finanzielle Engpässe entstehen. Das funktioniert, weil das Wohnrecht im Grundbuch eingetragen wird. Allerdings kann es hier rechtlich kompliziert werden. Ein Gang zum Fachanwalt ist in jedem Anwendungsfall des Nießbrauchsrechts zu empfehlen.

Das Haus geht direkt an die Enkel

Dieser dritte Fall sagt Folgendes: Nicht die Kinder erben das Haus sondern die Enkelkinder. So ist von Anfang an gewährleistet, dass die Immobilie in der Familie bleibt. Und oft sind gerade in der Generation Babyboomer Erb- und Streitfälle vorprogrammiert: Nämlich dann wenn sich vier Kinder um die vier Wände der Eltern reißen. Großeltern vermeiden diesen Konflikt wenn sie zu Lebzeiten an die Enkel verschenken. Wie oben beschrieben sollte in diesem Fall ebenfalls mit dem Nießbrauchsrecht abgesichert werden und es fällt eben nur einmal Erb- oder Schenkungssteuer an. Denn der Steuerfall “Vererben an die Kinder” entfällt.

Wir rechnen für Sie vor: 

Opa Heinz hat ein Haus im Wert von 500.000 €. Schenkt er es seinem Sohn Andreas fallen 11.000€ Schenk-Steuer an. Denn 500.000 minus 400.000 Freibetrag (Freibeträge an Kinder bei Steuerklasse I) machen 100.000. Davon fallen 11 Prozent Schenkungssteuer an: 11.000€. Wenn Andreas das Haus später an seine Tochter Eva vererbt, fällt noch einmal der gleiche Betrag an (keine Wertsteigerung des Hauses angenommen). So summieren sich Erbschafts- oder Schenkungssteuer.

Eine mögliche weitere Optimallösung: Opa Heinz verschenkt sein (teures) Haus nur zu drei Fünfteln an Andreas und bleibt damit unter dem zu versteuernden Freibetrag (400.000€). Die restlichen zwei Fünftel bekommt seine Enkelin Eva. Auch diese Schenkung ist unter dem Freibetrag für Enkel (200.000€). Und damit bleibt das ganze Haus steuerfrei. Ein Weitervererben der drei Fünftel von Andreas an Eva ist auch unter Freibetrag: Steuerlast also gleich null.

Was passiert wenn der Schenker zum Pflegefall wird

Gesetzt den Fall die Immobilie wurde zu Lebzeiten an die Kinder verschenkt. Doch jetzt ist der Schenker ein Pflegefall und muss ins Heim. Die Heimkosten sind je nach Pflegestufe hoch und können nicht aufgebracht werden. Darf das verschenkte Haus zur Finanzierung belangt werden? Hier greift zuerst die Sozialhilfe ein. Und fordert das Geld von den Kindern ein. Sind diese ebenfalls zahlungsunfähig kann sogar die Schenkung rückwirkend annulliert werden. Jedoch nur, wenn sie unter zehn Jahren zurückliegt. Hat der Schenker Nießbrauch vereinbart, kann das Amt nur die Mieteinnahmen des Hauses verlangen.

Die Möglichkeit der Enterbung

Natürlich ist diese Lösung für die wenigsten wünschenswert. Nach Umfragen aber zunehmend Realität. Sind nahe Angehörige vorhanden stehen ihnen jedoch gesetzlich auch Pflichtteile des Erbes und der Immobilie) zu. Diese dürfen nicht genommen werden. Wieder greift hier die magische Zehn-Jahres-Grenze. Denn haben Angehörige mehr als zehn Jahre vor dem Todesfall eine Schenkung erhalten, fallen diese Pflichtteile weg. Ist wiederum ein Nießbrauchsrecht vereinbart, wird die Immobilie bei der Berechnung des Pflichtteils mitberechnet.

Den Pflichtteil der Immobilie beanspruchen

Folgendes Problem kann gerade bei mehreren Kindern bestehen: Schenkt Vater Andreas seiner Tochter Eva das Haus und stirbt ein Jahr nach der Schenkung, kann sein Sohn Jonas seinen Pflichtteil aus dem Gesamtwert der Immobilie beanspruchen. Denn er wurde nicht beschenkt. Stirbt der Vater zwei Jahre nach der Schenkung sind es immerhin nur 90 Prozent des Wertes, im dritten 80. So besteht von Seiten Jonas nach 10 Jahren kein Anspruch mehr und das Haus wird dem Kind somit entzogen.

Sollten Sie weitere Fragen oder Zweifel haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Unser Team des RE/MAX Classic Ludwigshafen, Ihrem Immobilienmakler in Ludwigshafen, steht Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung!

Kommentare


- Es sind noch keine Kommentare vorhanden. -